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Geplante Delegierte Verordnung der EU-Kommission zur Ergänzung der Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Einführung und den Betrieb kooperativer intelligenter Verkehrssysteme
Aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Straßenverkehr führen zu neuen Herausforderungen, auf die die Europäische Kommission mit dem Delegierten Rechtsakt zur Ergänzung der Richtlinie 2010/40/EG reagiert:
Die Vorteile von C-ITS erstrecken sich auf zahlreiche Bereiche, u.a. höhere Straßenverkehrssicherheit, weniger Staus, größere Verkehrseffizienz, Mobilität und Dienstzuverlässigkeit, geringere Energienutzung, weniger negative Auswirkungen auf die Umwelt und Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung.1
So heißt es in der Verordnung, die den Rechtsrahmen für den Einsatz und operativen Betrieb der kooperativen intelligenten Verkehrssystemen (C-ITS) in Europa bilden soll.
Aktuell basiert C-ITS auf für Verkehrsanwendungen spezialisierter WLAN-Technologie (802.11p), die bereits in mehreren Pilotprojekten erfolgreich getestet und marktreif ist. Dieser auch als ITS-G5WLAN bezeichnete Standard definiert eine lokale Nahbereichskommunikation, die bis zu einer Entfernung von einigen hundert Metern eine schnelle Übertragung zwischen Fahrzeugen, aber auch zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur sicher stellt. Die Verfügbarkeit dieser Technologie und die dadurch gewährleistete schnelle Erzielung von Ergebnissen bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit sind die Hauptargumente für diesen Standard. Sowohl die EU-Kommission wie auch führende Hersteller von Kraftfahrzeugen und Straßenverkehrsinfrastruktur sprechen sich deutlich für diesen Ansatz aus.
Andere Kfz-Hersteller sowie Hersteller von Telekommunikationsausrüstung sehen eine mögliche Vorfestlegung auf den ITS-G5 WLAN-Standard kritisch. Diese Firmen, die sich zur 5G Automotive Association (5GAA) zusammengeschlossen haben, bevorzugen als technologische Grundlage ein zukünftiges Mobilfunknetz der 5. Generation (5G Mobilfunk). Es ist jedoch zu bedenken, dass dieses Netz noch in der Entwicklung steht und eine Einführung nur auf lange Sicht möglich ist. Wie gehen andere Länder damit um? China richtet seine Infrastruktur voll auf den 5G-kompatiblen Standard aus,2 in den USA ist das DSRC (Dedicated Short Range Communication) System federführend,3 das ebenfalls auf dem WLAN-Standard 802.11 basiert. Was Europa und Amerika im Vergleich zu China fehlt, sind verbindliche Vorgaben der Kommission und der Regierungen.
Der delegierte Rechtsakt soll an dieser Stelle Handlungsklarheit schaffen und so die Entwicklung der C-ITS-Strukturen in Europa vorantreiben. Dies wird in der geplanten Delegierten Verordnung an mehreren Stellen betont. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass eine Einführung „so rasch wie möglich“4 und mit Schwerpunkt auf „Tag 1“5 priorisiert wird. Erklärte Ziele sind dabei insbesondere die Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit und die Steigerung der Verkehrseffizienz.
Ein Erreichen dieser Ziele ist aktuell nur mit dem Konzept einer „hybriden Kommunikation“6 möglich. Darin werden die Vorteile zweier Technologien miteinander kombiniert. Dies wird auch von der EU-Kommission in ihrer Verordnung vorschlagen: Für die Nahbereichskommunikation ist das der WLAN-Standard ITS-G5, für die Fernbereichskommunikation der 3G/4G Mobilfunk. Der 5G-Standard ist in diesem Konzept mangels aktueller Verfügbarkeit nicht erwähnt, jedoch stellt die Delegierte Verordnung mittels Überprüfungsklausel sicher, dass die Integration zukünftiger Technologien, wie dem 5G Mobilfunk, in das Konzept der hybriden Technologien ermöglicht wird.7 Zusätzlich heißt es:
Wie bereits im aktualisierten Arbeitsprogramm der ITS-Richtlinie angekündigt, wird davon ausgegangen, dass diese Verordnung vor der Überprüfung ihrer Durchführung, die drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten erfolgen sollte, geändert wird, um der der raschen Entwicklung neuer Märkte, Technologien und Dienste Rechnung zu tragen. [...] Auch die sich rasch weiterentwickelnden neuen Technologien wie 5G könnten die C-ITS-Dienste unterstützen.8
Die Befürworter des 5G Mobilfunk-Standards üben jedoch Druck aus den delegierten Rechtsakt zu blockieren. Diese Gruppe stellt sich damit gegen eine verbindliche Rechtsgrundlage, auf der C-ITS Technologien unmittelbar eingeführt werden könnten, verzögert das Verfahren und versucht es zu kippen. Eine Folge wäre neben der fehlenden Rechtssicherheit auch fehlende Standardisierung, die ein technologisches Vorwärtskommen weiterhin erschwert, und so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industriestandorte gefährdet. Ohne verbindliche Regeln und Vorgaben werden internationale Wettbewerber die EU immer weiter abhängen, die Ziele der verbesserten Verkehrssicherheit und -effizienz nicht erreicht und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Marktteilnehme gehemmt. Offensichtlich wiegt bei den Gegnern der Delegierten Verordnung der eigene Wettbewerbsvorteil schwerer als die Entwicklung intelligenten Transports in Europa. Die bereits entwickelten Systeme sind bereits heute am Markt verfügbar, erprobt und wettbewerbsfähig. Mit der vorgesehenen Delegierten Verordnung werden sie flächendeckend einsetzbar. Dies wäre ein großer und wichtiger Schritt in Richtung intelligenter Verkehr in Europa.
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1 http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2019/DE/C-2019-1789-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF S.1.
2 Vgl. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/standards-fuer-kommunikation-wie-europa-undchina-um-die-technik-fuers-autonome-fahren-kaempfen/23252642.html?ticket=ST-4851859-ERJ6sXhiBH5dgnIbKVMk-ap5.
3 Vgl.https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/vehicle-2x-5g-wlan-eu-streit-hersteller/.
4 http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2019/DE/C-2019-1789-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF S.2.
5 Ebd. S.3.
6 Ebd. S.8.
7 Vgl. ebd.
8 Ebd. S.16.